Der weiße Thai

Bedrohlich erheben sich links und rechts zwei unförmige Berge, die in ein aschfahles Grau gehüllt sind. Die borstigen Sträucher lassen geschlagen ihre Köpfe hängen. Das letzte Mal, dass hier ein Sonnenstrahl vordrang, ist gut und gerne zwei Dekaden her. Trotzdem ist es unerträglich stickig. Über allem wabert ein modriger Schwefelgeruch und durch die flirrende Hitze bilden sich stinkende Pfützen, die sich grünschimmernd in der Talsohle zu einem traurigen Rinnsal sammeln. Das blubbernde Bächlein läuft schnurgerade an einen dunklen Ort, den die Stammesältesten nur ehrfürchtig den „Höllenschlund“ tauften.

Linke Hand auf Weiß. Rechte Hand auf Weiß. Wenn man die Makrolinse aus meinem Bauarbeiterdekolleté hinauszieht, sieht man, wie ich in bester Twistermanier von zwei thailändischen Händen den Pöppes geknetet bekomme. Aber keine Fisimatenten. Lediglich als Teil einer Thaimassage auf thailändischem Hoheitsgebiet. Neben mir liegen drei angetrunkene Russen, auf denen jeweils eine zierliche Asiatin herumturnt.

Zusätzlich zur Stereomassage meines flabbrigen Hinterteils, beginnt das Knetfräulein meine obere Rückenhälfte zu massieren. Mit einem geübten Spannerblick über die rechte Schulter kann ich erkennen, dass die Masseurin nicht etwa einen ukrainischen Vorfahren aus Tschernobyl hat und mich mit drei Oktopushänden bearbeitet, sondern ganz sanft ihr Knie in meinen Rücken rammt.

Beruhigt widme ich mich wieder meinem Ausblick. Desktop Hintergrund <Koh_Samui_beach_large02.jpeg> in 4D mit Meeresrauschen und Südseegeruch. Ich atme gelöst durch. Die Frau versteht offensichtlich ihr Handwerk. Dann leckt sie mir quer über den linken Fuß. Ich zucke verspannt zusammen. Das stand so aber nicht im Reiseführer. Sie führt ihre Zunge gekonnt von der Sohle hoch bis zum dicken Zeh. Hat sie mir deswegen vorher die Füße gewaschen? Ich akzeptiere die Tatsache, dass die Thailänderin aus Thailand wohl besser weiß, was zu einer richtigen Thaimassage gehört und versuche meinen verkrampften Körper wieder zu entspannen.

Vor ihrem Job als Masseurin muss die Dame anscheinend als Schlangenmensch in einer Freakshow gearbeitet haben. Zwei Hände am Allerwertesten, ein Knie im Rücken und der Gesichtslappen saugt währenddessen den dicken Onkel ein. Um meine Chakren ganzheitlich zu öffnen, beginnt sich jetzt auch noch aus voller Kehle zu kreischen. Ein grandioser Service, der hier für knapp acht Euro geboten wird. Diese Multitaskingshow will ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Ein weiterer Blick über meine fleischige Schulter und ich sehe, wie die Masseurin ihre Drei-Punkt-Akkupressur vollzieht und gleichzeitig den herumstreunenden Hund anschreit, der gerade an meiner Fußsohle herumschlabbert.

Im Endeffekt bekomme ich 50 Baht Ermäßigung. In erster Linie aber nicht für die Massage, sondern nachträglich auf die 120 Euro Tollwutimpfung.

Kleiner Thai ("Dimm dimm, dimmdimm dimmdimm")

Kleiner Thai („Dimm dimm, dimmdimm dimmdimm“)

2 Gedanken zu “Der weiße Thai

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